Auf Großwildjagd…
Das W-Seminar „Wildnis in Oberfranken“ auf der Pirsch.
Seit Anfang des Schuljahres beschäftigt sich das W-Seminar der Q11 „Wildnis Oberfranken? – Große Säugetiere in der Region“ mit dem Thema „Wildnis“: Was ist Wildnis eigentlich? Gibt es bei uns in der Region Wildnis? - Eine der ersten Assoziationen zum Stichwort „Wildnis“ sind sicherlich große Wildtiere, die einem dort begegnen (könnten). Aber wie sieht es mit großen Wildtieren in Oberfranken aus?
Zur Beantwortung solcher Fragen begab sich das W-Seminar Ende Oktober zunächst auf eine Zeitreise ins Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld, welche die Schülerinnen und Schüler mehrere 100 000 Jahre zurückführte. In einer anschaulichen Führung erhielten die Teilnehmenden vor der Vitrine mit den regionalen Funden eiszeitlicher Säugetiere im FSMT einen guten Überblick über die einstmals in der Gegend verbreiteten großen Säugetiere.
Seit der letzten Eiszeit lebten auch bei uns in der Region verschiedene Großsäuger: Mammut, Wollnashorn und Moschusochsen durchstreiften die Gras bewachsenen Hochflächen und karge Tundra-ähnliche Regionen. In den von den großen Wasserläufen tief eingeschnittenen, bewaldeten Tälern lebten Riesenhirsche. An den Felswänden der Schluchten kletterten Steinböcke entlang. Dies dokumentieren auch Funde im FSMT. Besonders eindrucksvoll sind im Fränkische Schweiz-Museum die ausgestellten Mammutzähne oder das aus zahlreichen Funden verschiedener Individuen zusammengesetzte Skelett eines Höhlenbären. Auch Höhlenlöwen und Höhlenhyänen bevölkerten damals die Region der heutigen Fränkischen Schweiz.
Immer wieder wurde die Kaltzeit durch etwa 10 000 Jahre andauernde Warmzeiten unterbrochen. Die durch das wärmere Klima veränderte Vegetation ermöglichte die Ausbreitung neuer Arten von Großsäugern: An die Stelle der Mammuts traten riesige Waldelefanten, die bis zu 5 m hoch werden konnten. Wollnashörner wurden von weniger stark behaarten Waldnashörner abgelöst, die den heutigen Indischen Panzernashörnern glichen. Sogar Flusspferde soll es hier gegeben haben. Wildpferde, Auerochse und Wisent besiedelten Steppengebiete und Wälder, in manchen Regionen Deutschlands teilweise noch bis ins Mittelalter hinein.
Vor allem die intensive Bejagung durch den modernen Menschen, der schon vor etwa 20 000 Jahren mit neuen Jagdtechniken wie Speerschleudern oder Pfeil und Bogen (noch erfolgreicher als die vor ihm in der Region lebenden Neandertaler) die Jagd auf Großtiere perfektionierte, führte vermutlich zum Verschwinden der Großtierfauna. Auch viele der mittelgroßen Formen wie Auerochse und Wisent wurden spätestens im Mittelalter durch den Menschen ausgerottet.
Umso interessanter war für die Teilnehmenden dann natürlich der zweite Teil der Exkursion, der sie auf die Spuren heute noch in der Region lebend vorkommender Säugetiere führen sollte. Dazu besuchte das W-Seminar noch am gleichen Tag den Wildpark Hundshaupten und erhielt dort einen spannenden Einblick in die Säugetierfauna Mitteleuropas.
Gleich zu Beginn der interessanten Führung wurden dabei Begriffe wie „Neozoen“, „Invasive Arten“ und „Rückkehrer“ geklärt – einige lebende Beispiele konnten im Anschluss direkt in den weitläufigen Gehegen beobachtet werden. Aber auch aktuelle Themen wie die „Afrikanische Schweinepest“ und einwandernde Arten wie Marderhund und Goldschakal wurden angesprochen.
Zahlreiche Objekte zum Anfassen wie Tierfelle und Geweihe machten die Führung zu einem interaktiven Erlebnis. Besonders eindrücklich waren aber die Fütterungen von Wildschweinen, Waschbären und Wölfen.
Dabei wurde auch klar, dass die vermeintlich „so süßen“ Waschbären echte Raubtiere sind und als invasive Art eine große Bedrohung für kleinere heimische Wirbeltiere darstellen, dass ein massives Elch-Geweih eine sehr gut ausgebildete Nackenmuskulatur erfordert, und dass Dachse oft Wohngemeinschaften mit Rotfüchsen bilden, manchmal sogar zusätzlich mit Kaninchen.
Am meisten beeindruckten die Wölfe in ihrem etwas abgelegenen Gehege, die mit ihrer natürlichen Scheu selbst bei der Fütterung ihren „Wildtier-Charakter“ deutlich machten – ganz im Gegensatz zum eher neugierigen Wolfshybriden im Nachbargehege. Hier wurde auch die Problematik der Vermischung von Hunden mit Wölfen oder das Aussetzen von „Wolfshunden“ in die freie Wildbahn angesprochen, die im Kontakt zum Menschen oft mehr Probleme machen als „echte“ wilde Wölfe.
Vorbei an Luchs und Stachelschweinen ging es dann zurück zum Bus und damit wieder zurück in die Zivilisation im heimischen Bayreuth.
Alles in allem war dieser „Ausflug“ ein sehr anschaulicher und motivierender Einstieg in die Thematik des W-Seminars, was auch den sehr interessanten Führungen durch Dr. Fabian Wittenborn (im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld) und Lisa Winzer (im Wildpark Hundshaupten) zu verdanken ist. Vielen Dank dafür!
In Zeiten enorm gestiegener Busreisekosten soll hier aber auch den Sponsoren unserer Exkursion gedankt werden: So haben erst die großzügige Unterstützung durch Elternbeirat und Förderverein unserer Schule sowie durch die Naturwissenschaftliche Gesellschaft Bayreuth eine Durchführung dieser schönen Exkursion ermöglicht. Herzlichen Dank!