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So., 09.07.2023 - 22:15

Besuch der Bayreuther Synagoge

Eine Exkursion der 9. Klassen

Die gesamte 9. Jahrgangsstufe wurde am 26. Juni 2023 höchstpersönlich vom Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeine Bayreuth Herrn Gothart in der Synagoge empfangen und wir erhielten in zwei Gruppen (in Begleitung der Religions- und Ethiklehrer Frau Lassen, Frau Sommer, Herrn Himmelein, Herrn Full) jeweils eine Führung durch die älteste Synagoge Deutschlands, die noch genutzt wird.

Seit der Renovierung erstrahlt die Synagoge seit 2018 im neuen Glanz; so wurde die Eingangstür wieder zurückverlegt, der Innenraum zeigt Zeitzeugen aus verschiedenen Jahrhunderten gepaart mit großer Symbolik und Funktionalität.

Zu verdanken ist der Umbau des ehemaligen Vorläuferbaus des markgräflichen Opernhauses zu einer Synagoge Markgraf Friedrich II, der durch die Heirat mit der Preußenprinzessin Wilhelmine (die Schwester Friedrichs des Großen von Preußen) offen war für Kultur und die damit verbundene Ansiedlung vieler Künstler und Handwerker. Er holte 1759 Moses Seckel als seinen Hof- und Münzlieferanten nach Bayreuth; ihm erteilte er die Erlaubnis zur Ansiedlung von zehn jüdischen Familien, damit eine jüdische Gemeinde gegründet werden konnte. Der Vorläuferbau des Opernhauses eignete sich hervorragend durch Empore und Bühne für den Umbau zur Synagoge, die 1760 eingeweiht wurde.

Herr Gothart ging kurz auf das Los von Minderheiten ein, die bei Krisen oft durch die Mehrheit bedrängt, verfolgt und ausgegrenzt werden. So nannte er als Beispiel Königin Isabella I., die in Spanien des 15. Jahrhunderts ein funktionierendes und sich gegenseitig befruchtendes Gemeinwesen und Nebeneinander von christlicher, jüdischer und islamischer Kultur durch Verfolgung zerstörte.

In der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 wurde die Synagoge zwar komplett von den Nazis verwüstet; aber dank der unmittelbaren Nähe zum Opernhaus wurde sie nicht – wie alle anderen Synagogen in Deutschland – abgebrannt.

In den 1960er Jahren wurde die Synagoge wieder notdürftig hergestellt und erneut als Gotteshaus eingeweiht. Mit dem Zuzug von Kontingentflüchtlingen aus der ehemaligen Sowjetunion in den 1990er Jahren stabilisierte sich die Anzahl der Gemeindemitglieder. Das zeigt sich auch in den Liedbüchern, die neben der deutschen Übersetzung der hebräischen Texte auch Übersetzungen in russischer Sprache beinhalten.

Herr Gothart ging auf die gemeinsamen Wurzeln des Christentums und Judentums ein. Als von Gott perfekte Gabe sind eindrucksvoll die 10 Gebote in hebräischer Sprache an der Frontseite der Synagoge angebracht.

Während eines Gottesdienstes sind Frauen und Männer getrennt (so wie es auch früher in christlichen Kirchen der Fall war), um sich dem Gebet mit voller Konzentration ohne äußere und innere Ablenkung widmen zu können.

Schließlich führte uns Herr Gothart in den Innenhof und zum Eingang zur Mikwe (ein rituelles Tauchbad, das der Reinigung dient). Herr Gothart verwies auch hier auf die Herkunft Jesu, der im Jordan – einem fließenden Gewässer – getauft wurde und sich damit rituell reinigte. Hinaus auf die Opernstraße führte uns Herr Gothart durch einen engen Gang zwischen Synagoge und Opernhaus.

Frau Sommer wies im Anschluss an Herrn Gotharts Führung auf die unmittelbare Nähe zum neurenovierten Redoutenhaus hin. Dort war lange ein jüdisches Kaufhaus, das von den Großeltern Charlottes Knobloch geführt worden ist. Frau Knobloch, Jahrgang 1932, war jahrelang Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschlang, lebt in München und hat durch ihre Großeltern, die sie großgezogen haben, einen engen Bezug zu Bayreuth. 1942 wurden ihre Großeltern ins KZ Theresienstadt abtransportiert, wo sie verhungerten. Die zehnjährige Charlotte konnte den Fängen der Nazis nur entkommen, da die ehemalige Haushälterin Kreszentia Hummel sie als ihr uneheliches Kind ausgab, was für die damalige Zeit eine große Schande für die Familie bedeutete. Sie ging mit Charlotte in ihr Heimatdorf in der Nähe von Ansbach, wo Charlotte die Nazizeit unbeschadet überlebte. Diese mutige Frau wurde 2017 mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet; dieser Titel wird nichtjüdischen Personen verliehen, die unter der Naziherrschaft ihr Leben riskierten, um Juden vor der Ermordung zu retten. In der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel wird auch diesen Personen besonders gedacht.

Wir nutzten die Gelegenheit für einen kurzen Besuch des Redoutenhauses mit Museum (kostenloser Eintritt für Personen unter 18 Jahren) und erhielten einen eindrucksvollen Blick durch die große Fensteröffnung hinaus auf die Synagoge.

Hinweis auf eine sehenswerte Quelle (Dauer 3:41): Mein Lieblingsplatz: Synagoge in Bayreuth - YouTube