Kunstmuseen mal anders...
Ein Museum ohne Ausstellung... Gemälde betrachten, ohne sie zu sehen... eine Museumsführung ohne Stimme...
Iwalewa? In der Sprache der nigerianischen Yoruba bedeutet das „Charakter ist Schönheit“. In Bayreuth verbindet sich damit schon seit über 40 Jahren ein Haus, das die afrikanische Gegenwartskultur erforscht, dokumentiert und ausstellt. Und diese Ausstellung afrikanischer Kunst beginnt schon an den Außenwänden der Rückseite des historischen Gebäudes: Das großflächige, hauswandfüllende Graffiti von Obou Gbais von der Elfenbeinküste war das erste, was die MuseumsChecker des GCE bei ihrem Besuch des Iwalewa-Hauses zu sehen bekamen.
Kunsthistoriker Philipp Schramm, der einige der teilnehmenden Schüler gerade auch am GCE in Kunst unterrichtet, brachte den Schülern das Austellungskonzept des Iwalewa-Hauses nahe. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt momentan auf dem Abbau von Hürden für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Da war es vielleicht gar nicht so unpassend, dass es aktuell keine zu besichtigende Ausstellung in den Räumen des Iwalewa-Hauses gibt (Aber keine Sorge, eine neue Ausstellung ist schon in Vorbereitung – die MuseumsChecker kommen also wieder!). Ohne Bilder konnten sich die MuseumsChecker ganz auf die Maßnahmen für eine verbesserte Inklusion konzentrieren: Das beginnt schon im Eingangsbereich mit einem System von Induktionsspulen für Gehörgeschädigte. Ein Blindenleitsystem mit doppelter Leitspur und „Aufmerksamkeitsfeldern“ leitet Blinde und Sehbehinderte durch die spätere Ausstellung. Aber was sieht ein Nichtsehender in einem Kunstmuseum? Oder besser: Wie? Dafür können Tastkopien auf „Schwellpapier“ hergestellt werden, so dass man – das entsprechende Fingerspitzengefühl vorausgesetzt – ein Bild ertasten kann. Für Gehörlose sollen Videos in Gebärdensprache angeboten werden.
Neben diesen interessanten Informationen erfuhren die MuseumsChecker dann noch einiges über die Geschichte des Hauses, das 1907 für die Bayerische Staatsbank in Oberfranken in barockisierendem Jugendstil errichtet worden war. So konnten sie die dicken Tresortüren bestaunen, die früher den Tresorraum der Bank verschlossen, in welchem sich heute das Depot des Museums befindet.
Und dann gab es da doch noch ein paar Kunstwerke zu sehen, die fest mit dem Gebäude verbunden sind: Die „Feuerbringerin“ aus Kerzenruß von Diane Victor aus Südafrika an den Fensterscheiben des Nebeneingangs, die Installation „Dead Insects In My Parents‘ Pool“ des Kenianers Sam Hopkins oder das Wandgemälde „Conférence“ des Marokkaners Yassine Balbzioui im Treppenhaus des Iwalewa-Hauses.
Und mit diesem „Kunst mal anders“-Ausflug war es noch nicht genug: Mit Philipp Schramm wechselten die MuseumsChecker gleich im Anschluss ins Bayreuther Kunstmuseum, wo sie eine Gruppe Gehörloser bei einer Führung in Gebärdensprache durch die aktuelle Ausstellung „SCHAU MICH AN!“ mit Portraits und Selbstportraits auch bekannter Künstlerinnen und Künstler begleiten durften. Faszinierend, was sich ohne irgendeinen Laut mit schnellen Handbewegungen alles erklären lässt… wenn man die Gebärdensprache versteht…
Mit einem ganz anderen Blick auf Kunst-Ausstellungen ging ein völlig unerwarteter Museumsnachmittag zuende, der einige neue Perspektiven auf den Besuch von Museen eröffnet hat. Vielen Dank für die eindrückliche Führung an den Kollegen Schramm!