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Di., 22.10.2024 - 09:26

Nora Gomringer am GCE

Eine leibhaftige Dichterin konnten die Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 11 und 12 am GCE mit Nora Gomringer erleben.

Sie begegneten dabei nicht etwa einem zarten und elfengleichen Wesen, das sich – weil zu schwach fürs Leben – in die Gegenwelt der Lyrik flüchtet. Nein, mit Nora Gomringer stand ein wahres Energiebündel vor ihnen, das vor Leben nur so strotzt. Und obwohl Gomringer vom Podium aus las und erzählte, stand sie doch – zumindest metaphorisch – an der Seite der Schülerinnen und Schüler. Sie erzählte aus ihrer Jugend, wie sie zum Dichten kam, wie es sie dazu drängte, wie sie an Texten arbeitet, bis sie gut werden, von der Kunst als Dichter zu leben,den Sorgen darüber, wie sich die Miete des nächsten Monats von mageren Tantiemen zahlen lässt, und wie man sich als Schülerin freut, wenn man Anerkennung und Verständnis für intimste Verse findet.

Mit Nora Gomringer ist es der Deutsch-Fachleiterin Silke Maier gelungen, eine der bekanntesten und renommiertesten deutschen Lyrikerinnen für die Lesung zu gewinnen. Nora Gomringer hat mit ihren Werken zahlreiche hochrangigste Literaturpreise gewonnen, unter anderem den Ingeborg-Bachmann-Preis und den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache. Für die Lernenden war es besonders spannend, einer Autorin zu begegnen, deren Gedichte auch im Abitur schon Prüfungsthema waren.

Eingestreut zwischen ihre Ausführungen waren ihre Texte, die verknappt und pointiert die Sache auf den Punkt brachten. Man merkte ihrem Vortrag die einstige Poetry-Slammerin an, die vor Jahren mit spontan vorgetragenen Werken auf den Slam-Bühnen der Republik Beifallsstürme erntete. Gomringers Texte haben sich im Lauf der Jahre verändert. Heute sind es eher Texte für den zweiten Blick. Sie selbst sieht das auch so: „Eigentlich bräuchten Sie das, was ich lese, schriftlich, damit Sie die Strukturen, Ordnungen und  Bezüge erkennen könnten, die ich in meine Gedichte lege“, so erklärte sie ihrem Publikum.

Neben der Offenheit und der Nähe der Autorin zu den Schülerinnen und Schülern beeindruckte auch die Bandbreite ihrer Werke: Vertonungen, Verfilmungen, Werke, die gesungene und gezischte Passagen enthalten, seitenfüllende Gedichte und extrem verdichtete Gedicht, die gerade drei Verse umfassen… all das findet sich in Gomringers Oeuvre – und alles hat seinen Reiz und seine Berechtigung.

Alles in allem: Es waren zwei Stunden, die die Lernenden erkennen ließen, dass Lyrik auch heute noch Relevanz hat. Dass sich mit Wortkunst einfach ein Mehr an Aussage erreichen lässt. Wenige Worte sagen – wenn sie zu Lyrik verdichtet werden – oft mehr als ganze Bücher. Nora Gomringer ist eine dieser Meisterinnen der Ver-Dichtung. Das macht ihre Werke so eindrucksvoll.