Per Funk in die Antarktis
Dieses Jahr wurde uns (dem Physik-Kurs 1ph1 der 11. Klasse) von unserer Lehrerin Frau Schmidt-Kessel die Chance gegeben, ein außergewöhnliches Projekt umzusetzen. Dabei handelte es sich um ein Gespräch mit dem Überwinterungsteam der Forschungsstation Neumayer III, die in der Antarktis liegt.
(Photos mit freundlicher Genemigung vom Alfred-Wegener-Institut)
Um eine Grundlage für dieses Gespräch zu legen, haben wir uns zunächst in Kleingruppen über generelle Themengebiete rund um die Antarktis und die Forschungsarbeit der Neumayer-Station III informiert und der Klasse unsere jeweiligen Ergebnisse vorgestellt. Hierzu wurden wir auch von Fr. Dr. Ellenrieder unterstützt.
Nachdem wir dann unser Wissen ein wenig erweitern konnten und eine ungefähre Vorstellung von den schwierigen klimatischen Bedingungen und den wichtigen forschungsdienlichen Aufgaben der Crew hatten, haben wir Fragen gesammelt, die bis dato offengeblieben waren, diskutiert und final im Gespräch mit den Forschern auch beantwortet bekommen.
Doch, da die Antarktis ja nicht in direkter Nachbarschaft zum GCE liegt, konnten wir uns nicht einfach zu Kaffee und Kuchen in der Station treffen. Stattdessen hatten wir Funkkontakt. Die 13.460 km Entfernung konnten wir durch die Unterstützung von Funkamateuren aus Bayreuth und Umgebung, aber auch von einem Kontaktmann namens „Charlie“, aus der Nähe von Kassel, über einen kleinen Umweg von knapp 80.000 km über den geostationären Satelliten QO-100, überwinden. Angesteuert wurde dieser Satellit, der sich immer an derselben Stelle über der Mitte Afrikas oberhalb des Äquators im Orbit aufhält, mithilfe einer zunächst recht komplizierten und für den Laien unübersichtlich wirkenden Schaltung aus mehreren antik aussehenden Geräten. Dankenswerterweise haben uns die Funkamateure Robert und Claus Löhner und Robert Weiner über die Satellitenbezeichnungen und die Technik aufgeklärt, was sehr interessant war und uns sehr geholfen hat, den „Technikdschungel“ zu durchblicken. Grob ließ sich der Aufbau in viele Transformatoren, Verstärker (wozu auch eine sehr große Satellitenschüssel gehörte) aber auch einen USB-Stick, und einen Laptop, die zusammen mit einer Software ein Wellendiagramm erstellten, welches die aktiven Unterhaltungen auf bestimmten Frequenzen aufzeichnete, zerlegen. Ganz nebenbei wurde dabei auch erwähnt, dass Funker die Pflicht und Möglichkeit haben, ohne größeren Aufwand in einer Notsituation die Kommunikation, z. B. auch den Versand von E-Mails, aufrechtzuerhalten.
Nachdem dem Physikkurs hier die Grundlage, die in den letzten Wochen auch ansatzweise im Unterricht Thema war, detailliert erklärt wurde, kam auch der Geographie-Kurs von Herrn Kerling hinzu, und zwei Kleingruppen aus Schülern frischten bei allen das Wissen wieder auf und erläuterten nochmals die Eckdaten zur Geographie der Antarktis und der Neumayer-Station III.
Und dann war es um kurz vor 12 Uhr auch schon so weit: Probehalber hat die Gruppe der vier Funker den Kontakt zu Charlie und dann auch zur Neumayer-Station III aufgenommen. Zunächst war, für die Schüler noch eher unverständlich, über die Lautsprecher etwas sehr Blechernes zu hören. Doch nach einem kurzen Umstellen der Technik (nur ein paar Knopfdrehungen) war alles (!) ohne Probleme und Anstrengungen sehr gut hörbar. An dieser Stelle bedanken wir uns noch einmal im Namen aller Anwesenden bei den Funkern für die Ermöglichung und Begleitung unseres Projektes, insbesondere der Zeitaufwand ist äußerst nennenswert.
Im Gespräch mit der Neumayer-Station III, moderiert vom Funkamateur Martin Riederer, durfte jeder Schüler ans Mikrofon und eine Frage in den Äther schicken, abgeschlossen vom obligatorischen „Over!“. Alle unsere 26 Fragen wurden äußerst ausführlich beantwortet. Nachdem wir ursprünglich davon ausgegangen waren, dass wir nur mit dem Koch Werner (der sich als waschechter Franke entpuppte) und Karsten, dem IT-Techniker und Funker der Station, das Vergnügen haben würden, war es eine positive Überraschung, dass auch Alicia, eine Geophysikerin, mit an Bord unserer Unterhaltung war und unsere Fragen beantwortete. Besonders interessant waren dabei Dinge, die im Internet zum Teil nicht ganz richtig standen – wie z.B. die Tatsache, dass die Daten der PALAOA - Forschungsaußenstation nicht per WLAN übertragen werden, sondern mithilfe von Batterie und Speicherkarte je ein Jahr lang aufgezeichnet werden und dann mit einem Schiff zur Auswertung nach Deutschland zum Alfred-Wegener-Institut kommen. Außerdem gab uns Karsten technische Einblicke, Alicia erklärte uns Forschungsmethoden und -ergebnisse zum Thema Eruptionen und Klimawandel, und Werner gab sehr detaillierte Auskünfte über seinen Job als Koch (Essen gibt es auf der Station ganze sechs Mal pro Tag!) und die Lebensumstände als Teil der Überwinterungscrew auf der Neumayer-Station lll.
Insgesamt war der Mittwoch, 1.6.2022, für ALLE - Funker, Schüler und Lehrer - ein sehr außergewöhnlicher Tag, der noch jahrelang in Erinnerung bleiben dürfte. Es war ein einzigartiges Erlebnis und hat bestimmt für manche auch die Tür für eine potenzielle Zukunft im Bereich des Amateurfunkens oder aber des Forschens, vielleicht sogar auf der Neumayer-Station III (oder gar IV, wer weiß...!) geöffnet.
Damit sollte auch ein für alle Mal bewiesen sein, dass Physik auch Spaß machen kann!
Für diesen Beweis sind wir nicht zuletzt unserer Lehrerin Frau Schmidt-Kessel zu großem Dank verpflichtet, da sie uns dieses Projekt, das so natürlich absolut nicht im Lehrplan steht, ermöglicht und nähergebracht hat. Herzlichen Dank auch nochmals an alle weiteren helfenden Hände und Köpfe.
Leonhard Heim, Matteo Taxis, Q11
Hier können Sie den Funkverkehr nachhören!