
Weimar: Deutsche (Literatur-) Geschichte im Brennglas
Die Exkursion der Q12 in die Stadt an der Ilm
Weimar – schon der Name der Stadt ist Programm: Die Weimarer Klassik, ihre Literatur und Geisteshaltung sind zentrale Bestandteil des Deutschunterrichts in der Oberstufe. Glänzen Schiller, Goethe, Herder und Wieland hell, so wirft vom nahen Ettersberg das Lager Buchenwald seinen Schatten über die Idylle im Tal. Nicht nur das Positive der deutschen Geschichte lässt sich hier in der thüringischen Provinz studieren, sondern auch die Schattenseiten. Sogar mitten im Zentrum der Klassikerstadt hat das Krebsgeschwür des Nationalsozialismus mit dem ehemaligen Gauforum wuchern können.
Dieser Ort, an dem sich in einzigartiger Konzentration Licht und Schatten deutscher Geschichte studieren lassen können, war das Ziel der Q12 am Brückentag nach Christi Himmelfahrt. Alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe beschäftigten sich am Freitag intensiv mit der Weimarer Klassik. Bei einem geführten Spaziergang durch den Park an der Ilm lernten die Teilnehmenden die besonderen Umstände kennen, denen das kleine Weimar seine Glanzzeit verdankt. Zugleich wurden die wesentlichen Gedanken der Klassik wiederholt und die Biographien Schillers und Goethes greifbar.
Vertieft wurden diese einführenden Gedanken bei Workshops zum Thema Naturlyrik und Goetheporträts. Mitarbeiter der Klassik-Stiftung Weimar leiteten diese intensiven Auseinandersetzungen mit Aspekten der Goethezeit an. Die Workshops fanden an den Brennpunkten des Goldenen Zeitalters der Stadt statt: Im Goethe-Nationalmuseum, im Wittumspalais und in der Anna-Amalia-Bibliothek.
Der Rundgang durch die einzigartigen Räume des Goethehauses, wo heute noch Goethes umfangreiche Sammlungen verwahrt werden, rundete diesen intensiven Tag mit zahlreichen Eindrücken für den Großteil der Schülerinnen und Schüler ab. Im Bus ging es anschließend zurück nach Bayreuth.
Nicht so für die Teilnehmenden des Geschichtskurses auf erhöhtem Anforderungsniveau und des Vertiefungskurses Deutsch: Sie blieben noch das gesamte Wochenende in Weimar und übernachteten dort, wo einer der Großen der Goethezeit seinen Lebensabend verbrachte, im Wielandgut Oßmannstedt. Für diese kleine Gruppe stand abends noch das Stück „Ballhaus“ im Nationaltheater Weimar auf dem Programm: ein furioser Tanz durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Der Samstag war dann geprägt durch einen Workshop in der originalen Buchbindewerkstatt des Bauhauses, das in Weimar seinen Ursprung hatte. Die Werkstatt ist heute Teil des Museums „Neues Weimar“. Am Nachmittag gab es dann eine Stadtführung und die Gelegenheit, die Faust-Ausstellung im Schiller-Museum zu besuchen.
Buchenwald stand dann am Sonntag auf dem Programm. Die KZ-Gedenkstätte auf dem Ettersberg relativierte die Eindrücke der Vortage. Bildung - und sei sie noch so ambitioniert und auf Humanität bedacht – vermag alleine das Böse im Menschen nicht einzuhegen. Für das Gute einzustehen ist keine Frage von Bildung. Es ist eine bewusste Entscheidung des Einzelnen, sich zu seinem Menschsein, seiner Unzulänglichkeit und damit auch zu Toleranz dem Mitmenschen gegenüber zu bekennen. Dass die Würde des Menschen unantastbar sei, ist nur eine Behauptung, die sich erst in der Realisierung bewährt. Jeder einzelne muss sich in Wort und Tat zu ihr bekennen. Dass das durchaus nicht immer bequem und ungefährlich ist, erlebten die Schülerinnen und Schüler bei jedem Schritt im Gelände des Konzentrationslagers.
Heiko Weiß